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Kleine Registerkunde

Mr.Tyros

Extremer Schreiberling
In meinen Testberichten zu elektrischen Orgeln habe ich immer mal wieder einen Anriss zum Thema Register gemacht, allerdings über mehrere Berichte verteilt.
Daher nun mal alles kompakt zusammengefasst.
Dabei orientiert sich dieser, nennen wir es mal "Leitfaden", für alle, die sich an ihren Keyboards nicht nur mit der Zugriegel-Orgel befassen wollen, sondern alle, die einfach mal wissen wollen, was "Fußlage", "Prinzipal" oder "Trompete" bedeutet.

Bevor wir ins Detail gehen, einmal ein paar Worte zum Thema "Fußlage":
Eine Orgelpfeife funktioniert ähnlich wie eine Blockflöte oder ein Saxophon. Luft trifft entweder auf eine Lippe bzw. eine Zunge und wird somit in ein hörbares Lüftchen verwandelt.
Flöten und Saxophone haben mehrere Löcher und Klappen, um den richtigen Ton zu erzeugen. Bei einer Orgel hingegen gibt es für jeden Ton eine Pfeife, welche unterschiedlich lang ist, um so verschiedene Tonhöhen wiederzugeben.
Die Pfeifen sind nicht nur auf eine Oktave gestimmt, sondern gehen meist über 5 Oktaven. Je nach Länge einer Pfeife ist der Ton also tiefer bzw. höher.

Die tiefste Pfeife eines Registers (kommen wir gleich zu) wird als Fußlage angegeben.
Üblich sind 32',16',8',4',2',1', mancherorts auch noch 64'.

Bedeutet: Die tiefste Pfeife eines 8' Registers ist 8' lang.
Je kürzer die Pfeife, umso höher der Ton, so klingt ein 16' Register eine Oktave tiefer als ein 8', 2 Oktaven tiefer als ein 4' usw.

Doch oft nimmt man sich die Physik als kleinen Schummelzettel zu Nutze: Wird die Pfeife am oberen Ende verstopft (z.B. durch einen Deckel) benötigt die Luftsäule den doppelten Weg, weshalb man mit dieser Bauform, auch "gedackt/gedeckt" genannt, eine Menge Platz sparen kann.
In kleineren Orgeln sind z.B. die 16' Register gedackte 8' Register, oder anders gesagt:
8' mit Deckel drauf.
So klingen die Pfeifen dennoch nach 16', es wird aber nur die Hälfte an Platz benötigt.
Nur in ganz wenigen Fällen werden große Fußlagen wie 32' oder 64' (eigentlich totaler Nosense, da man kaum noch was hört) komplett ausgebaut, dies aber nur in Kirchen, in denen Platz ist. 32' sind nämlich fast 10m...


Je nach Bauform und Aufbau einer Pfeife, kann der Ton entweder sehr leise, sehr kräftig, sägend, scheppernd oder einfach nur "normal" klingen.

Grob gesagt kann man Pfeifen in den Bereichen
- Prinzipal
- Flöte
- Streicher
- Zungenpfeife

unterteilen.
Prinzipale stellen das Rückgrat JEDER Orgel dar und werden in 99,9% aller Lieder gezogen, die Pfeifen, die man von außen an der Orgel erkennt, gehören meist zum 8' Prinzipal. Je nach Intonation können Prinzipale auch Praestant, Diapason, Montre oder Flautado genannt werden, gemeint sind jedoch immer die Register, die man von der Orgel kennt

Flöten hingegen sind Register, die etwas zurückhaltender klingen und sich eher in das Klangbild untermischen. Als Solo-Register z.B. eignen sie sich perfekt für leise Stücke oder als Vorspiel.
Auch hier gibt es unzählige Namen, von Bordun angefangen über sehr viele kreative Namen, die jedoch immer das Wort "Flöte" beinhalten, z.B. Waldflöte, Gedecktflöte, Quintflöte usw.

Bei einem Streicher-Register hat man natürlich keine Geigen und Bratschen in der Orgel versteckt, vielmehr handelt es sich um Pfeifen mit einer recht engen Mensur, welche den Klang eines Streichers im entferntesten nachahmen sollen. Der Klang eignet sich jedoch perfekt für Soli oder zum Andicken, denn Streicher klingen entweder zart und zurückhaltend, oder richtig schön sägend und durchsetzungsfähig.
Typische Streicher sind meist ihren Vorbildern namentlich nachempfunden, also Cello, Kontrabass, aber auch Viola/Violine, Gamba/Gambe oder Viola da Gamba.
Sofern man eine breite Palette an Streichern hat, kann man Fußlagen noch einfacher kennenlernen, denn dass der Kontrabass das tiefste Instrument ist, sollte jeder wissen.

Zungenpfeifen arbeiten wie ein Saxophon, denn im inneren befindet sich die namensgebende Zunge, welche durch die Luft zum schwingen gebracht wird und die Luftsäule somit ebenfalls schwingen lässt.
Zungen eignen sich perfekt dazu, um ordentlich Gas zu geben, es richtig schön scheppern zu lassen oder um den nervigen Kirchengängern Tinnitus zu geben :haha:
Bekannte Register wären z.B. Trompete, Posaune, Oboe, Fagott, Klarinette, Schalmey, Regal.
Mit der Trompete beispielsweise kann man seinem Spiel schon ordentlich Feuer unterm Hintern verpassen, allerdings sollte man sich mit dem Einsatz dieser Register immer zurückhalten, denn leise sind sie nicht!


Jede Pfeife eines bestimmten Klangs wird im Register zusammengefasst, also z.B. alle Pfeifen, die dem 8' Prinzipal gehören, sind in einem Register zusammen verbaut.

Über die Register-Manubrien, Wippschalter oder was weiß ich nicht alles, was es noch gibt, kann ein Register zu- oder abgewählt werden.


Die klassische Orgel hat mindestens ein Manual (eine Tastatur) und ein Pedal, große Orgeln bis zu 6 Manualen.
Jedes Manual hat seine eigenen Register. Die zusammengefassten Register eines Manuals nennt man "Werk". An den meisten Orgeln gibt es 3 Werke:
Hauptwerk, Schwellwerk und Pedalwerk.

Während das Hauptwerk die kräftigeren Zungen und die Prinzipale beinhaltet, sind im Schwellwerk zumeist leisere Register wie Flöten oder Streicher anzutreffen.
Es gibt auch Orgeln mit mehr als 3 Werken, z.B. Brustwerk oder Rückpositiv.
Doch kann man eins sagen: Werk: Klaviatur

Mittels Koppeln kann man die Werke untereinander kombinieren, sich also z.B. alle Register des Schwellwerks auf das Hauptwerk legen, und sich so bequem zwei Manuale zusammenbauen.
Üblich sind auch die Koppeln, die die Manuale an das Pedal koppeln.
Bei mechanischen Orgeln, also solche, wo die Bewegung der Taste mittels Holzstäben (=Abstrakt) übertragen wird, sind gekoppelte Manuale etwas schwergängiger, weshalb bei größeren Orgeln meist eine elektrische Traktur verbaut wurde, die Traktur ist blöd gesagt das, was vom Tastendruck den Ton erzeugt, also die Übertragung der Taste.

Fast immer findet man auch Fußlagen, die so gar nicht in das Bild passen, wie 1 1/3', 1 3/5' usw.
Diese sogenannten "Aliquoten" sind Register, welche nicht auf den Kammerton C gestimmt worden sind, sondern eine Terz bzw. Quinte höher klingen.
Im Solo-Spiel klingt das extrem krumm und schief, allerdings eignen sich Aliquoten perfekt dazu, um das Spiel richtig voll und fett zu gestalten.
Je nach Intonation gibt es auch Aliquoten, welche mehr als nur eine Note zusätzlich zum Kammerton erzeugen, z.B. Sequialtera, dort werden mit einer Taste 4 Noten erzeugt.
Sonstige gängige Bezeichnungen sind Terz, Quint[flöte/Superquinte...], Nasard/Nazard, Sesquialtera, Mixtur.
Die Mixtur, auch Klangkrone genannt, ist ein kräftiges Register, welches als Vorstufe zur Zunge gesehen werden kann und eignet sich perfekt, um dem Spiel noch einen Zacken drauf zu geben, ohne, dass es gleich röhrt.


An einer Hammond-Orgel wurden 9 Fußlagen als Zugriegel festgelegt, dennoch funktionieren die Fußlagen wie auch bei der richtigen Orgel.
Probiert mal aus:
Zieht euch das 8' Register und spielt einen Ton. Nun zieht ihr den 8' raus und den 4' rein. Versucht nun, den Ton wiederzufinden (Tipp: geht eine Oktave nach unten)

Während es bei der Pfeifenorgel nur "an" und "aus" gibt, kann die Hammond-Orgel alle Zuglagen in verschiedener Lautstärke wiedergeben.
Für alle, die sich also ein wenig näher damit befassen wollen, ist die Zugriegelorgel der ideale Partner, um den Einsteig zu finden. Im Gegensatz zur mechanischen Pfeifenorgel gibt es weniger empfindliche Teile, nahezu keinen Verlust der Stimmung und die Möglichkeit, auch ohne Kenntnisse zu üben, denn für die Pfeifenorgel bedarf es sehr oft einem kritischen Gespräch mit dem Organisten. Wer da nicht mit Wissen oder Vorkenntnissen überzeugen kann, hat meist schon verloren, bevor es richtig los gehen kann.

Übrigens: Die in vielen Keyboards schlummernden Orgel-Klangfarben bestehen fast ausschließlich aus Prinzipalen und ein wenig Flöten-Pseudo-Gedöns. Für daheim ausreichend, aber damit kann man keine Orgel richtig schocken.
Wer also plant, sakrale Musik zu spielen, sollte hier in ein entsprechendes Instrument investieren, z.B. das Cantorum IV von Viscount, dies kann man sich bequem unter den Arm klemmen und klingt trotzdem "nach Kirche"
 
Weiter gehts, heute mit den Themen "Stimmung" , "Intonation" "Traktur" und "Spezial-Register"

Jeder, der Musik macht, weiß, wie ein Ton klingt. Ein C klingt immer nach C, ein D nach D usw.

Jeder Ton in der Musik hat seine eigene Frequenz, am bekanntesten ist das A1 mit 440Hz.
Jede Pfeife einer Orgel gibt nur eine einzige Note wider, somit ist jede Pfeife auf eine Frequenz gestimmt.
Dies geschieht entweder über eine Stimmkrücke bei den Zungenpfeifen, oder durch leichtes rein- oder rausziehen der Pfeife.
Auch das abtragen von Material kann den Ton beeinflussen.

Während das Stimmen der Zungen dank der Stimmkrücke auch für Halbwissende Spieler mit einem guten Stimmgerät recht einfach vonstatten geht, sollte das Stimmen der Flöten und Prinzipale nur von einem Fachmann durchgeführt werden.

Nun gibt es aber noch verschiedene Stimmungen. Was bedeutet das?
Grob gesagt wird hier das Instrument nicht strikt auf die zugehörige Frequenz gestimmt, sondern die einzelnen Pfeifen gerne mal ein paar Hertz unter-bzw. oberhalb der "festgelegten" Frequenz gestimmt.
Bekannte Stimmungen sind z.B. Werckmeister, Kirnberger, Valotti.

Durch das bewusste gegeneinander verstimmen von Pfeifen, entsteht je nach Register eine gewollte Schwebung, die Orgel klingt also nicht exakt so, wie es ein Keyboard oder Klavier tun würde, sondern mitunter auch mal etwas abweichend davon. Die meisten Schwebungen liegen nur wenige Hz vom "exakten" Ton entfernt, klingen also nicht so extrem.
Je nach Stimmung werden auch nur bestimmte Pfeifen bestimmter Register verstimmt.
Meine Orgel ist in Valotti gestimmt. Dadurch kann ich grob gesagt 4# und 4b spielen, alles darüber klingt dann leider doch "schräg"


Nicht nur die Register machen den Klang aus, fast noch wichtiger ist die Intonation.
Auch wenn die Stimmung Teil der Intonation ist, ist die Anpassung des Klangs fast noch wichtiger.
Bei der Intonation (z.B. Barock, Symphonisch, Historisch, romantisch) wird der Klangcharakter der Orgel festgelegt, einzelne Register also an die entsprechenden Vorgaben angepasst. Während die romantische Intonation durchweg sanft und auch in den Zungen noch zurückhaltend, geht es in der barocken Intonation zünftiger zur Sache.
Mitunter klingen die Register also komplett anders, obwohl es sich namentlich um dasselbe handelt.


Aber egal wie viele Pfeifen es gibt, ohne Traktur gibt es keinen Ton.
Die Traktur ist der Teil der Orgel, der die Bewegung der Tasten/Pedale an die Pfeifen weitergibt, sie verbindet.
Die mechanische Traktur besteht aus unzähligen Holzleisten, den Abstrakten, die quer durch das Instrument verlegt sind und den Tastendruck über Winkel und horizontal und vertikal an das Ventil unter der Pfeife weitergeben.
Durch eine Koppel können Manuale aneinander gekoppelt werden. Dadurch erhöht sich natürlich auch der Kraftaufwand.
Da die Abstrakte nur wenige Millimeter dick sind, sollte man trotzdem keine allzu große Kraft aufwenden.

Bei größeren Orgel wurde die Elektrische bzw. Pneumatische Traktur eingebaut, welche die Verbindung statt über Abstrakte einfach elektrisch übernahmen.
Ganz blöd gesagt kommt es an eine drahtlose MIDI-Verbindung ran, dennoch hat sie sehr viele Nachteile.
Zum einen steht der Orgel nicht unbegrenzt Strom zur Verfügung, werden also viele Noten gespielt und nebenbei umregistriert, kann es sein, dass die Spannung im System fällt, was sich z.B. an plötzlich abfallendem Ton (weil Luft plötzlich weniger wird) oder an verzögertem Register-Zug bemerkbar macht.
Desweiteren besteht je nach Auslastung des Systems eine gewisse Latenz zwischen Triggern und Auslösen. Dies kann u.U. auffallend hörbar werden.
Da die Register von einem Motor ein oder ausgeschaltet werden, sind ebenso laute mechanische Geräusche (meist ein Klacken oder leises Krachen) zu vernehmen.
Daher ist die mechanische Traktur, wenngleich sie auch nicht so einfach zu handhaben ist, der elektrischen deutlich überlegen, zumal der Faktor Spannung keine Rolle spielt.

Je nach Orgel gibt es auch einige Register, welche eigentlich keine sind.
Bekannte davon sind z.B. Zimbelstern, Vox Strigis oder Schwyger.

Der Zimbelstern ist ein kleines sich drehendes Rad, welches mit einigen Schlägeln kleine Zimbeln anschlägt, also einen glitzernden Klang erzeugt, ohne dabei auf eine bestimmte Note gestimmt zu sein.
Vox Strigis ist das Geheimrezept der Fa. Eule, denn nach Aktivierung kommt ein kleiner hölzerner Uhu zum Vorschein.
Schwyger, Vacant und Vox ineffectilis sind so genannte "tote" Register. Sie sind meist da, um der optischen Symmetrie zu genügen, sind selbst aber keinerlei Register zugeordnet und können nicht gezogen werden
 
Der Zimbelstern ist ein kleines sich drehendes Rad, welches mit einigen Schlägeln kleine Zimbeln anschlägt, also einen glitzernden Klang erzeugt, ohne dabei auf eine bestimmte Note gestimmt zu sein.
So ein Register haben wir in unserer Kirche.

Zum Thema "besondere Register" fällt mir auch die Chororgel im Ratzeburger Dom ein, dessen Register dort recht lustige Namen haben. Angeblich soll eines auch eine Minibar öffnen.

Auf jeden Fall ein sehr interessanter Thread von dir. Ich habe auch schon mal Kirchenorgel gespielt und finde dieses Instrument einfach phänomenal.
 
Es gibt auch Register, die z.B. eine Klappe öffnen und dann eine Figur heraus kommt, ähnlich wie die Holz-Eule bei mir.
Es ist immer ganz lustig zu sehen, dass gerade im Bereich Kirchenmusik, der ja sonst so todernst und bieder klingt, mit Humor gearbeitet wird.

Ein weiteres, mir bekanntes Spaß-Register ist das "Don´t touch me", welches auf manchen britischen Orgeln zu finden ist und für ein paar Sekunden entweder den Strom der Orgel abschaltet, oder eine feste Notenfolge abspielt.

Den Zimbelstern vermisse ich an meiner jetzigen Orgel sehr, die Schulze&Tolle, die bis 2000 in unserer Kirche stand, hatte noch einen. Optisch und klanglich was feines :lächel:

Freut mich, wenn der Kursus ankommt, zum elektrischen Gegenstück komme ich bald zu sprechen
 
Mal eine Rechenaufgabe:
Da wir nun wissen, dass jede Note eine eigene Pfeife hat, und Orgeln meist über 4 Oktaven verfügen, wissen wir, dass ein einzelnes Register 49 Pfeifen hat.
Bei 2 Manualen und jeweils nur 3 Registern kommen wir alleine bei den Klaviaturen auf (49x3)x2= 249 Pfeifen. Kommen noch 3 Pedal-Register dazu sind wir bei 396 Pfeifen. Und da wir wissen, dass Pfeifen durch herausziehen und hineinstecken verstimmt werden können, das ganze System auch Luftdicht sein muss kommen wir zu dem Entschluss:

Eine Orgel ist nicht mal eben so von A nach B zu bekommen.
Totale Moppelkotze also für all die, die den Klang toll finden und mitnehmen wollten.

Auch Laurens Hammond hat dies erkannt und setzte sich an sein Zeichenbrett und schuf so die Geburt einer Legende im Jahre 1934: Die Hammond-Orgel!

Die Hammond-Orgel, kurz auch einfach nur "Hammond" genannt besteht aus 86-96 so genannten "Tonewheels", also kleine Räder, welche von der Form her ein wenig an ein Sägeblatt einer Kreissäge erinnern.
Diese Räder befinden sich auf einer sich drehenden Achse und rotieren vor einem Dauermagneten. Durch die Induktion entsteht dank der sägezahnförmigen Räder ein kleiner, periodisch tremuliernder Stromimpuls, welcher nahezu perfekt einer Sinuswelle gleicht.
Diesen Strom kann man mittels verschiedener Verstärker zum klingen bringen, der Klang der Hammond war geboren.

Auch wenn sich der Klang der Hammond von dem einer Pfeifenorgel WEIT unterscheidet, findet man 9 bekannte Fußlagen wieder:
16'
5 1/3'
8'
4'
2 2/3'
2'
1 3/5'
1 1/3'
1'

Bis auf die 5 1/3' Fußlage findet man die meisten an der klassischen Orgel wieder, meist als Bordun, Prinzipal 8', Oktave4', Nazard 2 2/3, Superoktave 2', Quint, Terz und selten auch 1' z.B. Siffflöte.

Durch ziehen der 9 Zugriegel, können die 9 Fußlagen in 9 verschiedenen Lautstärke-Positionen zusammengemischt werden, was über 1 Million verschiedener Settings erlaubt.

Ein kleines Beispiel zum selbst ausprobieren:
Haltet mal einen Ton der Tastatur gedrückt und zieht nacheinander alle "geraden" Fußlagen heraus. Das Ergebnis: Ton X auf 5 Oktaven auf einer Taste verewigt.
So viel die Theorie.

Natürlich lassen sich mit der Hammond Orgel unendlich viele Kombis erstellen. Für die meisten ruhigen Lieder reichen jedoch die geraden Fußlagen bis 4' absolut aus, mit dem 5 1/3' kann dann noch etwas Dicke hinzugefügt werden.

Neben ganz bekannten Liedern wie "A Whiter Shade of Pale", welches eine absolut feste Zugriegelkombination als Kult erkoren hat, gibt es fast kein Lied, wo die Hammond nicht mithilft.

Die bekannteste Hammond, die B3 wurde auch als Einführung des Leslies bekannt.
Am Ende der Signalkette steht normalerweise ein Lautsprecher.
Das Leslie bestand aus einem Basston-Lautsprecher und einem 2-Wege Horn, welches sich allerdings im so genannten "Rotor-Kabinett" um die eigene Achse drehte, wodurch der Klang etwas eiernd und unrund erschien.
Dieser charakteristische Klang hat die Hammond so beliebt gemacht. Das Leslie kann sich in verschiedenen Tempi drehen, meist sind jedoch die Umdrehungen für "Slow" und "Fast" fest vorgegeben. Mit einem sich schnell drehenden Rotor klang der Sound plötzlich wie ein starkes Tremolo.
Jeder Organist hat sich seine Lieblings-Umdrehungen am Motor eingestellt, doch sind die einstigen Standard-Umdrehungen auch die, die bei elektrischen Simulationen, z.B. im DSP eines Keyboards, als Preset gelten.

Manch Organist ließ das Signal auch durch einen Gitarren-Verstärker laufen oder hat einen Verzerrer-Effekt zwischen das Leslie und die Hammond geklemmt, wodurch der Klang noch mal richtig aggressiv und röhrend wurde, so konnte die einst für Jazz und Bigband bekannte B3 plötzlich auch im Rock-Bereich Dampf geben, das wohl bekannteste Stück hier ist wohl "Smoke on the Water", aber auch Songs wie "Sylvia" von Focus zeigen: Die Hammond kann schreien, wenn sie will!

Bis heute ist die Hammond das nach dem Klavier am meisten verwendete Tasteninstrument in der Musikszene, und bis auf Dance und EDM-Mukke kommt fast kein Genre ohne Hammond aus!

Kein Wunder also, dass fast JEDES Keyboard versucht, zumindest ein paar Elektrische Orgel-Klänge zu simulieren, oder, wie in Keyboards wie dem Tyros, dem MOTIF, dem Pa X und und und gleich eine ganze Zugriegel-Simulation verbaut hat.
Doch eins steht fest: NUR die Hammond in Echtholz mit echtem Leslie klingt so, wie sie klingt: Geil, fett und universell :lächel:

Im nächsten Teil geht es dann in die Ami-Ecke, nämlich um die Kino- und Theater-Orgeln z.B. von Wurlitzer
 
Hallo Danny,

im Kölner Dom gibt es an der sog. "Schwalbennest-Orgel" der Firma Klais, ein Register mit Namen 'loss jonn", dessen Benutzung inzwischen nur noch zu besonderen Gelegenheiten möglich ist:

Ein besonderer Leckerbissen ist der Registerzug "Loss Jonn" - auf Hochdeutsch am ehesten zu übersetzen mit "Jetzt mach mal!". Wird dieses Register gezogen, öffnet sich unterhalb des Rückpositivs eine Klappe und oben abgebildete Figur schwenkt heraus. Dazu ertönt die Melodie "Mer lasse de Dom in Kölle". Die Figur trägt die Züge des ehemaligen Dompropstes Bernhard Henrichs.


Loss_Jonn.jpg


http://www.orgelbau-klais.com/m.php?sid=111&page=2


Viele Grüße

Balou
 
Kein Wunder also, dass fast JEDES Keyboard versucht, zumindest ein paar Elektrische Orgel-Klänge zu simulieren, oder, wie in Keyboards wie dem Tyros, dem MOTIF, dem Pa X und und und gleich eine ganze Zugriegel-Simulation verbaut hat.
Doch eins steht fest: NUR die Hammond in Echtholz mit echtem Leslie klingt so, wie sie klingt: Geil, fett und universell

Danny....es gibt Linderung!!

Mir war das Teil immer zu schwer, zu teuer und zu wartungsanfällig. Trotzdem möchte ich auf den echten B3-Sound nicht verzichten! Ein ct-Redakteur und ehemaliger Hammond-Techniker hat die Tonewheel-Klangerzeugung in einem FPGA-Chip nachgebildet und das Ergebnis überzeugt gestandene Hammond-Besitzer, wie z.B. Helmut Zerlett.

HX3 System

HX3 ist ein völlig neuer Ansatz einer Tonewheel-Emulation. Das Soundmodul HX3 verwendet weder Computer, Signalprozessoren, Sample-Player noch analoge Elektronik zur Nachbildung des typischen Klangs elektromagnetischer Orgeln, sondern Physical Modeling mit massiv parallelen Algorithmen für einen absolut authentischen Sound - hören Sie sich einfach unsere HX3-Klangbeispiele an! Die aktuelle Version besitzt eine eingebaute Rotary-Emulation in Stereo, Pedalsustain und drei verschiedene Hallprogramme.



Wenn Du in Erfurt gewesen wärest, hättest Du schon einmal Probehören können. Inzwischen wird das Modul auch in Komplettinstrumente eingebaut, z.B. Uhl-Instruments oder MagOrgans. Ein schöner Bericht dazu im Keyboards-Magazin 01/2016.

Demnächst mehr dazu!

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Viele Grüße

Balou
 
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Das Prinzip eines Leslies basiert auf den sog. "Doppler-Effekt". Jeder kennt das, wenn z.b. ein Krankenwagen mit Martinshorn unterwegs ist. In dem Moment, wo das Fahrzeug an einem vorbei fährt, wird der Ton tiefer. Dieses Verhalten der Schallwellen findet auch in der Doppler-Sonographie verwendung, um den Blutfluss zu kontrollieren.

Bass- und Treble-Rotor haben zwei Hörner, von denen eines aber nur eine stumme Attrappe ist, um das Gleichgewicht zu halten.
Da "Leslie" ein geschützter Name ist, darf nur die Firma Hammond ihn verwenden. Andere Herstellen nennen den Effekt dann meist "Rotary Speaker" oder so.

Eine sehr gute Hammond B3-Simulation ist auch das Programm "B4" von Native Instruments.
 
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Interessant was auf Wiki dazu unter Anforderungen an synthetische Nachbauten steht. Der beste Hammondclon kommt von Hammond selbst, während die Synthesentiefen der SK Modelle zum Beispiel schon als Konkurrenten Clavia deutlich schlagen, ist die New B3 wohl die Einzigste mit der aufwendigen am original nachempfundenen 9 Kontakte-Tastatur (soweit ich weiß). Allerdings kostet der Spaß dann schnell 15.000,-€.

Aber diese Tiefe zum Detail muss auch gar nicht unbedingt sein, das ist was für Puristen und Liebhaber.

Am B3 Clonen hat man schon gut getan, selbst einfache Kisten kingen schon recht gut. Die eigentlichen Unterschiede liegen meistens in der Qualität der rotary Kabinette und Verzerrer. Aber wer digitalen Verzerrern das zutraut, was analoge können, der sollte dringend mal zum HNO Arzt gehen.:drehen:

Reußenzehn baut kleine Geräte, welche mit Röhren und Kniff, direkt zum aufpusten von B3 Clones gedacht sind (um die 500,-€). Ich denke das lohnt sich. Ich habe einen Amp von Ihm - class a - allererste Sahne. Dagegen kann auch eine gute Alternative einpacken. Für alle welche auch passive Boxen betreiben: Class A - sonst nix!

MR.Tyros und da hast Du Recht: Ein Original ist ein Original. Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Digital, auch mit phys. Mod. nicht umsetzbar. Es ist und bleibt ein Natur Gesetz das analoge, mechanische Technik nicht vollständig durch digitale Synthese ersetzt werden kann.

Ich sehe das an meinen Synthis, ich habe 5 Stück (Oszillatoren Synths: VA und analog). Einer ist voll analog und einer hybrid (parallel) - auch die Filter (analoge und eben nicht). Alle digitalen klingen eben nicht so wie die analogen, auch gute Kopieen auf Basis von Samples klingen nicht genauso.

Dafür ist die Vielfalt dann bunt und das ist auch gut so...

Bei den puristischen Sound - Liebhabern: Lieber ein Original kaufen! Wer wirklich Moog spielen will und sonst nichts, dem wird ein günstiger Vertreter nicht gefallen. Wer akustik Piano spielen will wird mit der besten digitalen Lösung unzufrieden bleiben. Das ist eine Garantie!

Allerdings: für Studio/Hobby Musik mit Mehrspur, etc. braucht es nicht diese teuren puristischen Klänge. Stellt euch mal vor ihr nehmt ein Steinway von 1956 :haha: und nehmt den auf euren "256,- Soundkarten Chip" auf um dann Irgendwelche Synthis dazu krachen zu lassen...

Das macht weder aus der einen noch aus der anderen Perspektive Sinn. Deswegen braucht es keine "besten Sounds" wenn man im Hobby Musik macht, allerdings als Purist schon z.B.: Evan Dobson: Er verwendet sehr gute Mikrophone und Aufnahmetechnik.

Es ist und bleibt ein Unterschied an welcher Stelle der Sound stehen soll - ist der Hammond/Pfeifenorgel Sound gedacht um als Begleitung im digitalen Midiarrangement zu spielen oder als puristische Liebhaber Geschichte?

Demnach sollte man sich die Sounds aussuchen. Das kann von 250,-€ gehen mit einem guten gebrauchten Expander von Ebay bis hin zu das man die Kirche "mietet" und teure Aufnahmetechnik aufstellt.

Ich spiele was die B3 angeht Samples für die Begleitungen und wenn das Biest in den Vordergrund darf, das Clavia Modell - den Reußenzehn Amp dafür am Besten mit stereo Federhall (500,- ca. 3.000,-€) wünsche ich mir noch dazu.

Aber Sorgen und Wünsche hat man als Instrumentenliebhaber/Spieler und Hobbyfreak ja immer... ...von daher: alles ist gut.

Grüße,
Zierenberg
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Freunde des originalen B3-Sounds!

Hier einige Hörbeispiele des HX3-Systems und ein Vergleichstest mit einer echten B3:

https://www.youtube.com/watch?v=YDZ-iadGOcE

https://www.youtube.com/watch?v=Hpq9XTUrsLA

https://www.youtube.com/watch?v=4t2thb0Nv70

Einiges aus dem Genre Deep Purple hier:

https://www.youtube.com/watch?v=VibdVtmaYUc&feature=youtu.be

https://www.youtube.com/watch?v=hKXiop_zFRU


Wie abwechslungsreich und lebendig die HX3 klingt merkt man aber erst, wenn man sie selber spielt, vor allem im Bandkontext. Es handlt sich hierbei eben nicht um ein gesampletes Instrument, sondern um die Nachbildung der originalen Tonerzeugung und das ist sehr gut gelungen!

Hier das gleiche Tonmodul, aber von einem anderen Hersteller verbaut:

https://www.youtube.com/watch?v=koj7PGItzII

https://www.youtube.com/watch?v=VkXYyi_w6BU



Und hier der Expander:

https://www.youtube.com/watch?v=qUUDBE8OAtU

Hier noch einmal im Live-Einsatz

https://www.youtube.com/watch?v=3FuYf9pAqHQ


Weitere Infos unter www.keyboardpartner.de


VG

Balou
 
Zuletzt bearbeitet:
Zugegeben, es ist IMMER eine Frage des eigenen Geschmacks. Ich mag nur die "Original" Hammond. Aber ich finde z.B. auch den Kronos klanglich nicht so toll wie meinen PC3, aber auch das ist eigenes Empfinden.

Auf jeden Fall machen wir jetzt mit ein paar Schmuckstücken weiter: Die Theaterorgel.

Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Lichtspielhäuser und Theater ihren Höhepunkt feierten, entwarf Robert Hope-Jones die erste "Kinoorgel".

Am bekanntesten sind sie jedoch durch die Fa. Wurlitzer geworden.
Gerade in Amerika kennt jeder die Wurlitzer, so wie wir Deutschen die WERSI kennen. Die Wurlitzer-Orgel ist in 80% aller Fälle eine elektrisch traktierte Orgel, welche technisch sehr vergleichbar mit der in der Kirche ist. So finden wir Register, Koppeln, Pedale und Manuale, Fußlagen, Aliquoten und und und wieder.

Der wohl optisch größte Unterschied: Die Spieltische sparen nicht an Protz und Tuning: Goldene Ornamente auf dem Holz, Stuck und andere Verzierungen, bunte Farben usw. sorgen dafür, dass der sonst immer so langweilige Spieltisch richtig schnieke aussieht um ihn auch in direkter Sicht zu Hörer, also dem Theatergänger bzw. Kinobesucher, aufstellen zu können.

Fast alle Theaterorgeln verfügen über Wippen zum an/abwählen des Registers. Verwunderlich ist, dass nicht wenige Orgeln einen oft mehrlagigen Kranz aus Registerwippen über das gesamte Manual angebracht verteilt haben, das Gehäuse der Orgel allerdings recht klein ausfällt.

Die meisten Wurlitzer-Orgeln arbeiten mit der Transmission:
Transmissionen findet man neben der Theaterorgel auch in klassischen Orgeln. Dabei werden Register oder einzelne Pfeifen "geklaut", um so Platz zu sparen.
Beispiel aus der klassischen Orgel:
Nicht selten ist ein Pedal-Register aus dem Hauptwerk entnommen, z.B. der Prinzipalbass 16' ist exakt das selbe Register wie der Prinzipal 16' aus dem Hauptwerk.

Bei der Theaterorgel geht es manchmal noch weiter, in dem nur einzelne Pfeifen aus anderen Registern genommen werden.

Denn der Klang ist deutlich anders, als der einer kirchlichen Pfeifenorgel.
Theaterorgeln spielten früher z.B. die Begleitung im Stummfilm oder vor einem Theaterstück. So klingen die meisten Register sehr nach Kirmes, Leierkastenmann oder Drehorgel, also sehr fröhlich, spaßig und mitreißend.
Bekannte Register sind z.B. Kinura, Vox, Trumpet.

Fast alle Register sind klanglich sehr "dünn" und "kratzig", klingen in der Masse aber so, als wäre der Zirkus zurück in der Stadt!

Das größte Herausstellungsmerkmal:
Neben den "normalen" Registern gibt es unzählige weitere Instrumente in der Orgel.
So steht nicht selten ein Xylophon oder Klavier im Gehäuse, welches auf Tastendruck ebenfalls spielt, auch große Pauken und Trommeln können entweder auf Tastendruck einzeln gespielt werden oder periodisch angeschlagen werden, eine kleine Art Begleitautomatik also :lächel:

Da die Theaterorgel elektrisch traktiert ist, gibt es vielerorts auch 2 Druckpunkte, anstatt nur einem (auf oder zu)
So können einige Register beim weiteren durchdrücken der Taste "nachgespielt" werden, ähnlich der Funktion, Voices via Aftertouch einzublenden.

Die Theaterorgel ist wegen ihrer schieren Masse an Registern kein Instrument, welches ohne Training bedient werden kann, auch erfahrene Organisten müssen sich erstmal einarbeiten, wo welche Register liegen.

Trotzdem ist sie ein Instrument, welches begeistern mag und jedem, der einmal darauf gespielt hat, lange in Erinnerung bleiben wird!
 
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