Keyboarderforum by Musiker Lanze

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  • !!! Wer von den Teilnehmern des Musikertreffen in Tambach hat manchmal den Workshop vom Bernie mit dem Touch Monitor als Video? Bitte mir dringend zur Verfügung stellen...danke Musiker Lanze !!!

"Früher fand ich dich doof"

Mr.Tyros

Extremer Schreiberling
Mit diesem Satz beginnen meist die besten Freundschaften!

Vor einiger Zeit hatte ich mein erstes Date mit dem/der Prime 4 von Denon DJ, DEM All in One-System für den mobilen Plattenschubser, wenn man dem Marketing glauben mag.
Dieses Date verlief nicht ganz so, wie erhofft, aber manchmal gibt man einem Date noch eine zweite Chance, sofern das erste Date eben nicht komplett nach hinten los ging.

Und da sich
a) mein Controller langsam aber sicher verabschiedet und schon in der Werkstatt war
b der Controller, den ich eigentlich wollte (DDJ 1000 SRT) erst nach einem Jahr lieferbar wäre

kam nun doch noch mal ein zweites Date zustande und damit der Beginn einer Freundschaft, welche zu gleichen Teilen Hui und gleichzeitig auch verdammt zermürbend ist.
Dieses mal aber mit meinem eigenen Controller und somit mehr Zeit zum experimentieren!

Dieser Testbericht soll sich nun primär um den Prime 4 und dessen Workflow, Integration sowie Benutzerfreundlichkeit kümmern.

Wichtig: Ich setze für diesen Testbericht ein gewisses Grundwissen im Bereich DJ und Controller voraus! So werde ich nicht jeden einzelnen Button erklären.
Da es sich beim Prime 4 aber um ein Profi-Gerät handelt, sollte es demnach nicht an absolute Anfänger gerichtet sein, von daher alles tiefententspannt.

Fangen wir an!

Der (oder die) Prime 4 ist die aktuellste Top-DJ-Lösung von Denon DJ. Jener Hersteller welcher u.a. mit der MC4000 und 6000 Controller auf den Markt gebracht hat, welche bis heute zahlreich verbreitet sind und neben Pioneer DJ Marktführer ist.
Prime 4 versteht sich dabei als Hybrid aus Mischpult, Controller aber auch autarkem Standalone System und adressiert in erster Linie mobile DJs und solche, die alles in einem Gerät suchen.
Dank WLAN-Verbindung ist es möglich, auf Streaming wie Soundcloud oder Tidal zuzugreifen. Spotify oder Amazon Music ist jedoch nicht vorhanden. Streaming nutze ich gar nicht, daher skippen wir den Teil!)
Jedoch ist es auch möglich, mit Engine Lighting eine externe Lichtanlage zu steuern. Theoretisch brauchst du, neben Kabel, Musik und Lautsprecher also gar keine zusätzliche Technik mehr! Aber auch dies konnte ich leider nicht testen.

Der Prime 4 ist ein beeindruckendes Gerät, welches mit knapp 10 Kilo Gewicht und einer ordentlichen Größe Eindruck zu schinden weiß. Die (leere!!!) 0,33l Getränkedose auf dem Jogwheel dient euch einmal als Größenvergleich:

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Das Gerät wartet mit zahllosen, logisch platzierten Bedienelementen auf, während in der Mitte das Touch-Display thront.
Analog zu einem Smartphone kann ich problemlos alles bedient werden! Ganz gleich, ob Tracks suchen und laden, Playlists erstellen, Titel verschieben oder Einstellungen vornehmen: Das Display reagiert direkt, flüssig und fühlt sich fabelhaft an!

Im Bereich der Einstellungen kann der Bediener sein Prime 4 an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Angefangen von der farblichen Codierung der Decks (jedes Deck kann eine individuelle Farbe zugewiesen bekommen, die dann stellvertretend alle Elemente färbt, sodass ein Verwechseln nahezu ausgeschlossen ist. Achtet mal auf die Jogwheels und die CUE-Buttons im Mixer!) über das Verhalten des EQ und Filters, dem Master-Limiter (sehr nützlich!), der Art der Anzeige (Tonart in # oder b oder Camelot?) über Frequenzen der Filter und noch so viel Zeugs, dass ich es gar nicht komplett aufzählen kann!
Grob gesagt:
Hier kannst du die Kiste so einstellen, wie DU willst!


Kommen wir zu den Decks!
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Der Prime 4 verfügt über 2 bzw. 4 Decks (dies kann ebenfalls in den Einstellungen vorgenommen werden). Jedes Deck ist dabei, anders als bei anderen Herstellern, nicht gespiegelt, sondern 1:1 übertragen worden. Dies ist lt. Denon DJ dem Club-Standard nachempfunden, wo man ja i.d.R. auch keinerlei gespiegeltes Equipment hat. Is nicht schlimm, kommt man mit klar!
Sämtliche Bedienelemente lassen sich sehr wertig bedienen und fühlen sich dem Preis von über 2500€ angemessen an.
Über jedem Deck befindet sich die Effekt-Einheit, mit welcher zwei FX-Prozessoren angesteuert und auf den Decks verteilt werden können. Ich verwende den ersten Prozessor für die linken Decks, den zweiten für die rechten.
Über den entsprechenden Encodern befindet sich ein kleines Display, auf dem die Parameter abgelesen werden können. Ich verwende aktuell nur den Reverb und der klingt ganz brauchbar. Auch die übrigen Effekte klingen in meinen Ohren nicht schlecht, wobei ich die iZotope-Effekte aus Serato noch ein bisschen besser fand.

Des weiteren befinden sich links oben die Steuerungen für 2(!) Mikrofone, rechts haben wir den Master-Regler, die Booth-Regelung und meinen Liebling, den Zone-Out.
Zone out ist ein separater Ausgang, auf dem über das dafür geopferte Deck 4 eine dedizierte Playlist abgespielt werden kann! Während ihr also mit den ersten 3 Decks die Leute auf dem Dancefloor in Wallung bringt, dudelt über die separate Zone eine ruhige Playlist in den Lautsprecher beim Catering oder sonst wo! Super Sache!

Die Jogwheels sind groß, griffig und fühlen sich super an. Sie sind weder motorisiert noch haben sie einen einstellbaren Widerstand, dies könnte dem DJ, der Battles oder Juggling beherrscht, missfallen. Für meinen Zweck ists aber in Ordnung. Dennoch sei es erwähnt! Im Menü lässt sich aber eine Stop-Time definieren, sodass dies dem Vinyl-Player ein wenig entgegenkommt.
Innerhalb der Jogs befindet sich ein Display, welches die entweder ein eigenes Logo oder das des Tracks anzeigt, sowie Infos über Loop-Längen etc. liefert.

Die Pads sind groß und fühlen sich gummiert an. Allerlei Modi halten sie bereit und ich arbeite sehr gern mit ihnen.
Allerdings hat der Prime 4 keinen Sampler integriert! Als Workaround könnt ihr aber eure Samples z.B. in Audacity aneieinander-reihen und so eine eigene Audiodatei erzeugen, welche dann per CUE das entsprechende Sample abfeuert. Kein Beinbruch, aber ich wollte es erwähnt haben.
Auch gibt es keine Möglichkeit, mit einem CUE automatisch einen Loop zu erzeugen. Dies hab ich in Serato immer gern genutzt und es fehlt mir schon ein bisschen. Hab´s aber mit der schönen Loop-Sektion problemlos ausgleichen können.

Der Tempo-Fader verfügt über einen bequemen Widerstand. Ist aber nicht gerastert oder dergleichen. Eine kleine LED zeigt aber die Mittelstellung an. Also auch alles supi!

Hat man sich für einen Song entschieden und geladen, dann hat der Anwender die Wahl zwischen zwei Anzeige-Modi:

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Viele finden die vertikale Ansicht auf Bild zwei besser, da die Library in der Mitte thront. Ich persönlich bevorzuge horizontal, allein schon, weil ich dies aus Serato gewohnt bin!

Übrigens:
Wer den Prime 4 in den Computer-Modus versetzt, kann ihn als (teuren) Controller für Serato und VDJ nutzen. Während VDJ-User ein wunderschönes, eigenes Interface spendiert bekommen, gucken die Serato-User relativ in die Röhre (oder auf das Laptop), denn eine Waveform-Ansicht fehlt. Ebenso große Teile der Touch-Funktionen. Hier läuft alles über Buttons, so, wie man es von Controllern her kennt. Ein Update würde mich hier wirklich sehr freuen!

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Derweil für Virtual DJ-User:
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So, jetzt ans eingemachte:

Der Standalone-Betrieb


Denon DJ bewirbt den Prime 4 als in sich autarkes DJ-System, bei dem ein Laptop unnötig wird. Ja und nein!
Zunächst einmal kann der Prime 4 problemlos Daten von einem USB-Stick (4 Anschlüsse verfügbar, zwei davon sogar powered, demnach auch zum Aufladen vom Smartphone/Tablet geeignet) oder SD-Karte lesen, analysieren und abspielen. Dies klappt im Vergleich zu meinem früheren Test sehr gut!
Um aber komplett ohne Stick und Laptop arbeiten zu können, muss der Benutzer eine 2,5'' Festplatte installieren. Der Prime 4 verfügt über keinen internen Speicher...
Ich hab da jetzt eine 512GB SSD für 30€ von Amazon rein gekloppt, das langt. Schade, dass dies nicht direkt ersichtlich ist. Hast du ein TB an Daten und willst direkt nach dem Auspacken anfangen, dann brauchst du einen großen Stick, ansonsten bitte erstmal eine Festplatte kaufen.

Und jetzt kommen wir zu dem Part, der mich übelst nervt:
Engine DJ!:wütend:

Engine DJ ist quasi das Sortier- und Management-Programm für Prime! Nativ kann Engine DJ alle Librarys aus Serato und VDJ einlesen und auch Rekordbox ist kompatibel. Sämtliche Crates, Cues, Infos und sonstiges werden übernommen und mittles Sync-Manager in Kürze auf die Festplatte des Prime 4 übertragen. Ab dann benötigt man den Rechner nur noch, um weitere Musik per Drag and Drop auf die Festplatte zu ziehen.
Das klingt erstmal wunderbar und es ist auch in weiten Teilen wirklich ein geiles Tool, aber:

Die Software triggert mich manchmal extrem hart. Sie läuft instabil, hängt sich (zumindest unter meinem Windows 10) regelmäßig auf und bietet, abseits vom organisieren kaum Optionen.
Ich kann zwar die Namen meiner CUE-Punkte editieren, aber Song-Titel umbenennen, Infos dazu schreiben oder schlichtweg was ergänzen ist nicht möglich (falls doch, sei doch so lieb und erklär mir das bitte!)
So werden Meta-Daten aus Musikdaten gelesen und übertragen, aber z.B. einen eigenen Titel eingeben ist nicht möglich.
Auch ist es im Live-Betrieb nicht möglich, die Festplatte und USB-Stick gleichzeitig zu verweden.
Die Lösung, dass dir ein Gast inmitten der Arbeit einen Stick mit einem Wunsch-Song gibt, den du parallel zum laufenden Setup einlesen kannst, ist damit Essig. Und das ist arg!
Der Import meiner Serato Library erfolgte übrigens nahezu perfekt. Zwar können einige Dinge wie BPM, die ich nachträglich editiert habe (von 70 auf 140 z.B.) teilweise nicht mitgeladen werden, das kann man aber problemlos am Gerät nachholen und auch sind einige Songs, die nicht in Crates, sondern in der allgemeinen Library waren, nicht mit übertragen worden, aber ansonsten hat der Export und Import auf die SSD zu 80% geklappt. Ich habe kaum noch nacharbeiten müssen und bin direkt wieder ready!

Ist die Mukke mittels Software auf der Festplatte, dann arbeitet der Prime wie erwartet und macht eine Menge Spaß. Aber sobald Musik nachgeladen werden soll, sollten Ersatz-Geduldsfäden bestellt werden! Diese Fehler sind übrigens auch anderen Engine-Usern im Bekanntenkreis aufgefallen.

Fazit:

Das Ding bockt doch! Die aktuell teuerste All in One-Lösung für DJs bring eine Menge Zeugs mit, was sie zu einem glasklaren Favoriten für den Titel "bestes DJ-System am Markt" vorschlagen würde. Wunderbare Verarbeitung, tolle Features, Integration in bestehende Software-Lösungen, super Workflow und ein imposantes Erscheinungsbild.

Die an sich autarke Lösung ist perfekt für jeden DJ, der sich gern auf wenig, dafür aber komplette Technik, festlegen möchte. Nette Details wie Streaming-Support oder Lichtsteuerung runden das Portfolio ab.
Und auch an sich macht es eine Menge Spaß, mit dem Prime 4 zu arbeiten.
Wäre da nicht die unterirdische Software-Lösung, die den Import von neuen Tracks zu einem reinen Glücksspiel macht. Funktioniert es, ist es in Sekundenbruchteilen erledigt. Aber das System läuft instabil, hängt sich auf und schmälert den guten Ruf des ansonsten perfekten Prime 4 leider. Und fehlende Möglichkeiten, Dinge zu editieren, bilden den letzten Torpedo, die das Schiff versenken. Kurz gesagt: Ich mag die Software partout nicht und wäre über ein Update oder gänzlich andere Lösung seeeeehr dankbar!
Auch die fehlende Parallel-Nutzung von Festplatte und anderen Medien stößt mir sauer auf.

+ Imposantes Erscheinungsbild
+ Hochwertige Verarbeitung
+ Logischer Aufbau und einfacher Workflow
+ Kinderleichte Steuerung durch Touchscreen mit Gesten-Support
+ WLAN-Betrieb möglich
+ Unterstützt Streaming
+ Eingebaute Uhr (leider nur im AM/PM-Format)
+ Unterstützt Lichtsteuerungen
+ Zwei separate Mikrofon-Eingänge
+ Separate Zone-Out- Möglichkeit
+ Extrem viele Anschlussmöglichkeiten
+ Zwei der USB-Ports zum Laden von Geräten geeignet
+ Unterstützt als Controller sowohl VDJ als auch Serato mit jeweils eigenem Interface
+ Theoretisch komplett autarker Betrieb möglich

- Engine Dj-Software zum Sortieren und Importieren sehr instabil (auf Win10)
- Engine DJ-Software bietet kaum Möglichkeiten zum editieren
- Kein paralleler Betrieb von Festplatte und weiterem Medium wie Stick oder SD-Karte möglich
- Kein Sampler
- Jogwheels lassen sich nicht im Widerstand ändern
- Serato-Interface sehr mau, unterstützt kaum Touch-Features
- Hohes Eigengewicht.
 
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